
Autoimmunerkrankungen zeigen eine ausgeprägte Geschlechterverteilung: Rund 80 % der Betroffenen sind Frauen. Erkrankungen wie systemischer Lupus erythematodes (SLE) und rheumatoide Arthritis (RA) treten nicht nur deutlich häufiger bei Frauen auf, sondern weisen auch einen Erkrankungsgipfel im gebärfähigen Alter auf.
Diese Beobachtung legt nahe, dass hormonelle Faktoren eine wesentliche Rolle in der Regulation des Immunsystems und damit in der Pathophysiologie autoimmuner Erkrankungen spielen.
Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Schwangerschaft – einem immunologischen Ausnahmezustand, in dem komplexe Anpassungsmechanismen zwischen mütterlichem Immunsystem und fetaler Toleranz erforderlich sind. Viele dieser Prozesse sind bislang nur unvollständig verstanden und Gegenstand aktueller Forschung.
Die Forschungsgruppe RHEPRO widmet sich der systematischen Untersuchung der Interaktion zwischen Immunsystem, hormoneller Regulation und entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, mit besonderem Fokus auf Fertilität, Schwangerschaft, Stillzeit. Unser Ziel ist es, durch translationale und interdisziplinäre Forschung ein besseres Verständnis für immunologische Mechanismen zu schaffen, die sowohl den Verlauf rheumatischer Erkrankungen als auch Reproduktionsprozesse beeinflussen – und daraus evidenzbasierte Strategien für Diagnostik, Therapie und Versorgung abzuleiten.
Die Arbeitsgruppe bearbeitet sowohl klinisch-translational als auch grundlagenorientiert Fragestellungen zu:
- Rolle von Hormonen auf das Immunsystem und deren Bedeutung für die Entstehung und Modulation von Autoimmunität
- Immunologischen Veränderungen während Schwangerschaft und postpartaler Phase
- Entwicklung des kindlichen Immunsystems bei mütterlicher Autoimmunerkrankung
- Krankheitsaktivität in Schwangerschaft und Stillzeit
- Einfluss moderner immunmodulierender Therapien auf Fertilität, Schwangerschaft und kindliche Immunität
- Schwangerschaftskomplikationen bei rheumatologischen Grunderkrankungen
Ein zentrales Projekt der Arbeitsgruppe ist das nationale RhePro-Register (www.Rhepro.at) , das klinische Daten in der Phase des Kinderwunsches, während der Schwangerschaft sowie im Wochenbett erfasst. Das Register ist mit einer Biobank verknüpft, in der Blutproben der Mütter während der Schwangerschaft, Nabelschnurblut sowie Plazentagewebe gesammelt werden.
Eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Rheumatologie, Gynäkologie, Neonatologie und Pathologie bildet die Grundlage für unsere Forschung.
Aktuelle Mitglieder
Stand Juli 2025.
Publikationshighlights
Passive maternal immunity in children born to women with systemic autoimmune rheumatic disease – A case-control study Journal of Autoimmunity, Juni 2025
Diese Studie untersucht die mütterliche Antikörperübertragung („Nestschutz“) bei Neugeborenen von Patientinnen mit systemischen Autoimmunerkrankungen unter immunsuppressiver Therapie.
Pregnancy outcomes in patients with systemic lupus erythematosus compared to a high-risk tertiary cohort and to standard population from the Austrian birth registry Acta Obstet Gynecol Scand, Mai 2024
Diese Studie vergleicht Schwangerschaftsverläufe von Patientinnen mit systemischem Lupus erythematodes mit jenen einer Hochrisikokohorte sowie mit der Standardbevölkerung auf Basis österreichischer Geburtenregisterdaten.
Depression, Anxiety, and Stress Symptoms in Women with Rheumatic Disease of Reproductive Age: Lessons from the COVID-19 Pandemic Journal of Clinical Medicine, Juli 2025
Diese Studie beleuchtet psychische Belastungen – insbesondere Depression, Angst und Stress – bei Frauen im reproduktiven Alter mit rheumatischen Erkrankungen.
Leitlinien & Empfehlungen
Periconceptional Counselling in Women with Autoimmune Inflammatory Rheumatic Diseases Journal of Clinical Medicine, April 2024.
Diese praxisorientierte Empfehlung formuliert strukturierte Inhalte für die perikonzeptionelle Beratung von Patientinnen mit entzündlich-rheumatischen Autoimmunerkrankungen.
Immunosuppressives and Biologics During Pregnancy and Lactation: A Consensus Report Issued by the Austrian Societies of Gastroenterology and Hepatology and Rheumatology and Rehabilitation, Jänner 2019.
Diese interdisziplinäre österreichische Konsensus-Empfehlung gibt evidenzbasierte Orientierung zum Einsatz von Immunmodulatoren und Biologika in Schwangerschaft und Stillzeit. Erarbeitet in Zusammenarbeit zwischen den Fachgesellschaften für Rheumatologie und Gastroenterologie.
Kooperationen
Wir kooperieren regelmäßig mit verschiedenen Institutionen innerhalb der Medizinischen Universität Wien – unter anderem mit dem Zentrum für Medical Data Science and Outcome Research, der Klinischen Abteilung für Herzchirurgie, dem Klinischen Institut für Pathologie sowie dem Klinischen Institut für Pharmakologie – sowie mit internationalen Partnern wie dem National Laboratory for Human Reproduction an der Universität Pécs.
Diese Zusammenarbeit ermöglicht eine umfassende, interdisziplinäre Bearbeitung unserer klinisch-translationalen Forschungsfragen im Bereich Rheumatologie, Immunologie und Reproduktionsmedizin.
Zentrum für Medical Data Science and Outcome Research
Das Zentrum unterstützt insbesondere bei der Konzeption, Pflege und Analyse des nationalen RHEPRO-Registers sowie bei der methodischen Auswertung komplexer klinischer Daten zu Schwangerschaftsverläufen und Langzeit-Outcomes bei Patientinnen mit Autoimmunerkrankungen.
Klinische Abteilung für Herzchirurgie & Forschungslabor für Herzchirurgie
Kooperationsprojekt: „Das Zytokinprofil und die Wirkung auf Gefäßzellen von Nabelschnüren bei Patientinnen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen“.
Untersuchung immunvermittelter Veränderungen an Gefäßzellen im feto-maternalen Kontext.
National Laboratory for Human Reproduction (Universität Pécs, Ungarn)
Kooperationsprojekt: „Charakterisierung des entzündlichen Zytokinprofils, natürlicher Antikörper und extrazellulärer Vesikel in der feto-maternalen Kommunikation bei Schwangerschaften mit und ohne assistierte Reproduktionstechniken und mit rheumatischen Erkrankungen“.
Analyse immunologischer Signalwege und Kommunikationsprozesse im Rahmen natürlicher und assistierter Konzeptionen.
Klinisches Institut für Pathologie
Kooperationsprojekt: „Charakterisierung der Plazenta bei rheumatischen Erkrankungen“.
Histologische und molekulare Untersuchung plazentarer Veränderungen im Kontext mütterlicher Autoimmunität.
Klinisches Institut für Pharmakologie
Kooperationsprojekt: „Charakterisierung des transplazentaren Transports immunmodulierender Therapiemodalitäten in der Schwangerschaft und Datengenerierung zum Stillen“
Experimentelle Modelle zur Erforschung von Medikamentenübertritt über die Plazenta und in die Muttermilch.